Leseproben für kleine Schmökerratten
- Kinderbücher von Indie-Autoren

Dienstag, 25. September 2012

Mats und das Buch aus der Kiste von Eva Markert


Klappentext:
Mats ist begeistert von einem alten Buch über einen Pfadfinderjungen namens Werner – schließlich ist der immer glücklich, und zwar, weil er jeden Tag mindestens eine gute Tat tut und anderen Menschen hilft. Kurzerhand beschließt Mats, es Werner nachzumachen. Er fühlt sich nämlich gerade ein bisschen unglücklich, weil er mit seinen Eltern in eine andere Stadt gezogen ist. Doch es scheint gar nicht so einfach, wie Werner zu sein. Bei seinen Eltern, bei den Leuten im Haus, bei einer alten Frau auf der Straße, der er die Tasche nach Hause tragen will – überall eckt Mats an. Und dann passiert auch noch die Sache mit der Spende für hungernde Kinder in Afrika ... Mats kommen Zweifel: Ob er sich in Werner das richtige Vorbild ausgesucht hat?
Eine turbulente Geschichte zum Schmunzeln für Kinder ab 6 Jahre, erhältlich bei Amazon.

Leseprobe:

1.
Wölfling Werner tut täglich eine gute Tat

Als Großonkel Hermann einmal zu Besuch kam, brachte er Mats ein Buch mit. Es stammte aus der Zeit, als er in Mats‘ Alter war. Mats konnte sich seinen Onkel als Jungen gar nicht vorstellen, doch er musste wohl mal einer gewesen sein. Damals mochte Onkel Hermann die Geschichte gar nicht mehr aus der Hand legen, so toll fand er sie!
Man sah dem Buch sein Alter übrigens an: Das Papier hatte sich im Laufe der Jahre gelblich verfärbt und der Buchrücken war zur Hälfte lose. Der Junge auf dem Bild vorne drauf trug altmodische, kurze Hosen, viele Abzeichen an seinem dunkelgrünen Hemd und ein Tuch um den Hals, das aussah wie eine Art Schlips.
Der Titel machte Mats neugierig: „Wölfling Werner“. „Wölfling“, das Wort gefiel ihm, obwohl er keine Ahnung hatte, was es bedeutete. Onkel Hermann erklärte ihm, dass Wölflinge acht- bis zwölfjährige Pfadfinder sind. Mit anderen Worten: Wenn Mats ein Pfadfinder wäre, würde er zur Gruppe der Wölflinge gehören.
Unter Pfadfindern konnte Mats sich ebenfalls wenig vorstellen, also las er das Buch, um etwas über sie herauszufinden. Pfadfinder, stand da, trafen sich regelmäßig und machten tolle Sachen zusammen. Zum Beispiel fuhren sie in ein Zeltlager oder gingen auf Erkundungstouren im Wald und erlebten eine Menge Abenteuer. Vor allen Dingen wollten Pfadfinder gute Menschen sein. Deshalb versuchten sie, jeden Tag mindestens eine gute Tat zu tun.
Wölfling Werner erwies sich in dieser Beziehung als erstaunlich findig. Ihm fiel immer was ein, wie er anderen Menschen helfen konnte. Manchmal vollbrachte er sogar mehrere gute Werke an einem Tag. Und deshalb, hieß es in dem Buch, war Werner bestimmt einer der glücklichsten Jungen in der ganzen Stadt, denn wenn man andere glücklich macht, wird man selbst auch glücklich.
Das ging Mats nicht mehr aus dem Kopf. Er selbst war nämlich im Moment nicht besonders glücklich. Genau genommen war er sogar ziemlich unglücklich. Vor kurzem war er mit seinen Eltern von einem kleinen Ort in Sachsen in diese Großstadt gezogen, weil Papa hier eine neue Arbeit gefunden hatte. Jetzt wohnten sie in einem Hochhaus, in dem es unglaublich viele Leute gab. Mats glaubte nicht, dass er die jemals alle kennen lernen würde.
In seiner neuen Schule fühlte er sich auch nicht wohl. Seine Lehrer machten einen ganz netten Eindruck, vor allem Frau Basten, die Klassenlehrerin. Aber seine Mitschüler kicherten immer über ihn, weil er komisch sprach. Zumindest fanden sie das. Mats fand das gar nicht. Da, wo er herkam, sprachen alle so – Sächsisch halt. Seine Klassenkameraden waren eben doof! Nur Sören, der neben ihm saß, schien ganz in Ordnung.
Mats überlegte, ob es etwas bringen würde, wenn er Wölfling Werners Trick mal ausprobierte und anderen half. Ein Versuch konnte zumindest nicht schaden.
Bloß – wen sollte er glücklich machen und wie? Er nahm das Buch noch einmal zur Hand, um sich genauer anzusehen, wie Werner das immer schaffte. Vielleicht konnte er es ihm ja einfach nachmachen.


2.
Werner ist gut in der Schule

Gleich auf den ersten Seiten wurde Werner als großartiger Junge beschrieben. Ein leuchtendes Beispiel für alle. Seine Lehrer freuten sich über ihn, weil er fleißig und ordentlich war und immer die besten Noten von allen hatte. Darüber freuten sich seine Eltern natürlich auch. Und als er einmal eine schlechtere Note bekam, traf ihn keine Schuld. Er konnte nur nicht lernen, weil er für eine alte, kranke Frau einkaufen gehen musste.
Dass Werner ein dermaßen guter Schüler war, beunruhigte Mats. Seine eigenen Leistungen konnte man mit etwas gutem Willen höchstens als mittelprächtig bezeichnen, vor allem im Rechnen. Das machte ihm einfach keinen Spaß. Deshalb sah sein Matheheft auch noch unordentlicher aus als die anderen Hefte.
Aber so schnell wollte er die Flinte nicht ins Korn werfen. Werner gab auch niemals auf. In zwei Tagen sollte die erste Arbeit in der neuen Klasse geschrieben werden, und dafür würde er nun üben, üben, üben - bis er schwarz wurde.
Mats setzte sich an den Tisch und wiederholte sämtliche Mathehausaufgaben, die sie aufbekommen hatten, seit er in diese Klasse ging. Es waren nicht unendlich viele zusammengekommen, also machte er die Übungen ein zweites Mal. Beim dritten Mal kannte er die Ergebnisse zum Teil schon auswendig.
Mats legte den Stift hin. Es machte keinen Sinn, Lösungen auswendig zu wissen, denn in der Arbeit kamen bestimmt andere Aufgaben dran. Und noch was fiel ihm ein: Wenn er eine Eins oder Zwei schriebe, würde sich Frau Basten höchstwahrscheinlich gar nicht besonders freuen. Sie wusste ja nicht, dass er normalerweise schlechtere Noten in Mathe bekam, und sie konnte nicht ahnen, wie sehr er sich angestrengt hatte.
Bei seinen Eltern sah die Sache anders aus. Die würden sich zweifellos freuen. Seufzend griff Mats wieder nach dem Stift.
Seine Mutter kam herein. „Du sitzt ja immer noch an den Hausaufgaben!“, rief sie.
„Ich übe für die Mathearbeit“, erklärte Mats und erwartete, dass sie augenblicklich in helle Begeisterung verfiel.
„Das ist schön“, sagte sie auch, doch dann fügte sie hinzu: „Aber ich denke, für heute hast du genug gearbeitet. Es ist herrliches Wetter. Geh lieber ein bisschen draußen spielen.“
Mats war platt. Da tat er mal, was die Eltern ihm dauernd predigten, und nun schien seine Mutter trotzdem nicht zufrieden.
(...)


Dienstag, 18. September 2012

Rattenprinzessin Rapunzel von Annette Paul mit Illustrationen von Krisi Sz.-Pöhls



 Ich bin Prinz, eine kleine goldfarbene Ratte, und lebe freiwillig bei Rapunzel und ihrer verrückten Familie. Häufig muss ich mich eisern an Rapunzels Pulli festklammern, weil ich sonst bei ihrem Herumtoben hinunterfallen würde. Niemand nimmt hier Rücksicht auf eine kleine Ratte. Jeder denkt nur an sich!

Ohne mich hätte Rapunzel ihre Geschwister und Künstlereltern bisher nicht so unbeschadet überstanden. Ich sorge dafür, dass sie in der Schule gut mitkommt, notfalls sage ich ihr leise vor, und zu einer netten, hilfsbereiten Rattenprinzessin heranwächst. Schließlich will ich sie eines Tages heiraten.

Für Kinder ab 8 Jahre Erhältlich bei Amazon.





Rapunzel rennt hin und her. Dabei wirft sie Socken, Nachthemden und Pullis in einen Koffer. Als der Koffer voll ist, schmeißt sie den Rest einfach in einen großen Pappkarton. Ihr Spielzeug und ihre Bücher kippt sie obendrauf. Ich klammere mich eisern fest, bei ihrem Getobe habe ich Angst herunterzufallen. Wer nimmt in diesem verrückten Haus schon Rücksicht auf eine kleine Ratte? Jeder denkt nur an sich!
„Die Musikinstrumente packen wir mit den Koffern zuletzt in den Bus. Der Rest muss in den Laster“, sagt Nachtigall. Nachtigall ist die Mutter  Rapunzels und der anderen Chaoten.
„In den Koffer passt nichts rein“, sagt Rapunzel.
„Dann packe es in einen Karton!“
„Habe ich schon gemacht. Das Futter von Prinz muss ganz weit nach oben.“
„Na, er freut sich bestimmt, wenn du ihn mit Käse und Schinken fütterst, statt mit Nagerfutter.“
Manchmal kann Nachtigall tatsächlich Gedanken lesen. Nicht, dass sie besser wäre, im Gegenteil. Sie und Picasso sind viel schlimmer als die anderen. Dabei sind sie die Eltern dieser Schreihälse. Ich bin der einzige Vernünftige hier, aber wer hört hier auf eine kleine goldfarbene Ratte?
Warum habe ich mir das bloß angetan? Ich hätte damals vielleicht lieber im Kanal ertrinken sollen, als bei Rapunzel zu leben. Ihre Familie ist eine verrückte Künstlerfamilie. Der Vater, Picasso genannt, ist Maler. Angeblich ist er sehr talentiert. Nur hat das noch nie jemand so richtig erkannt. Also malt er Bilder, die er nur selten verkaufen kann, und damit sie nicht alle verhungern, gibt er Unterricht an Kunstschulen und Volkshochschulen. Als ob das noch nicht schlimm genug wäre, ist die Mutter, genannt Nachtigall, Sängerin. Ab und zu hat sie ein gut bezahltes Engagement. Dann muss die ganze Familie deswegen umziehen. Zusätzlich gibt sie Musikunterricht. Und damit ich und die Nachbarn richtig belästigt werden, spielen sämtliche sechs Kinder mindestens zwei Instrumente. Ohne Ohrschützer hält es hier keiner aus.
Kein Wunder, wenn sie alle etwas merkwürdig sind. Zu den Kindern gehört zunächst einmal Winnetou, der Älteste und auch Vernünftigste. Kein Wunder, er musste als Baby auch noch nicht ganz so unter dem Lärm seiner Familie leiden. Wie Winnetou aus den Büchern versucht er immer Frieden zu schließen. Er ist achtzehn und steht kurz vor seinem Abitur.
Der nächste ist Zorro, ein Gerechtigkeitsfanatiker, er ist siebzehn. Es folgen die Zwillinge Rosenrot und Schneeweißchen. Sie haben früher immer mit dem Bernhardiner ihrer Großeltern gespielt und sogar in seinem Korb geschlafen. Picasso meinte, sie wären wie die beiden Schwestern aus dem Märchen, die mit dem Bären spielen. Beide sind sechzehn. Am liebsten würden sie sofort ausziehen. Aber Geld hat hier keiner, also müssen sie bei ihrer Familie bleiben, bis sie selbst Geld verdienen. Cäsar ist dreizehn. Er hat schon früh erkannt, dass irgendjemand das Ganze organisieren muss, daher kommandiert er gern herum.
Rapunzel ist das Nesthäkchen. Den Namen hat sie, weil ich an ihrem Zopf, ähm Schal, aus einem Schacht geklettert bin. Sie hat die Familie, dank meiner Hilfe, bisher ziemlich unbeschadet überstanden. Sie ist neun Jahre alt und geht zur Grundschule. Damit sie später einmal das Gymnasium besuchen kann, helfe ich ihr in der Schule und bei den Hausaufgaben.
Ich selbst bin Prinz. Ich stamme aus der königlichen Familie der Goldratten. Wir sind mit den Wanderratten verwandt. Schon als ich klein war, erzählte meine Mutter immer die Vorhersage des Wahrsagers: „Eines Tages wird ein Prinz aus der königlichen Familie von einer Menschenprinzessin gerettet werden. Zum Dank bleibt er bei ihr und dient ihr treu. Sobald ihre Liebe groß genug ist, verwandelt er sich in einen Menschen, heiratet seine Prinzessin und die beiden bekommen viele Kinder. Bis zu ihrem Lebensende leben sie glücklich in einem Schloss.“
Wenn wir allein waren, hat meine Mutter mir zugeflüstert: „Der auserwählte Prinz soll auf seiner Pobacke ein Muttermal haben. Du hast dieses Mal. Eines Tages wirst du ein mächtiger Menschenkönig werden.“
Stundenlang verbrachte ich als kleine Ratte damit, meine Pobacke zu betrachten. Ja, ich habe unter dem goldenen Fell ein dunkles Mal. Später, als Jugendlicher, lachte ich über diese alte Prophezeiung. Doch dann spülte mich ein Unwetter in diesen Schacht, und kurz bevor meine Kraft mich verließ und ich ertrank, erschien Rapunzel und rettete mich. Jetzt warte ich darauf, dass Rapunzel erwachsen wird und sich der weitere Teil der Prophezeiung erfüllt. Woher allerdings das Schloss kommen soll, ist mir noch unklar.





Dienstag, 11. September 2012

Polepole auf Schatzsuche von Jan Müller

Ein Märchen der Morgenröte von Jan Müller mit Illustrationen von Raymonde Guidotti

Klappentext

Als das Gold im Bergwerk erschöpft ist, verlieren alle Goldgräber ihre Arbeit, und das ganze Dorf beginnt zu hungern. Der kleine Polepole aber hofft noch immer, im Inneren des Berges Schätze zu finden. Er macht sich auf in das verlassene Bergwerk und entdeckt dort ein Zauberreich, den Inneren Urwald, wo er wilde Abenteuer bestehen muss, bevor ihn seine Reise nach Innen zum Ziel seiner Wünsche führt. 

Erhältlich als Print-Buch bei Amazon.



Leseprobe

Alles war still. Keine Männer mit Helm und Spitz-hacken mehr, keine quietschenden Loren. Polepole lief auf das dunkle Loch im Berg zu und schlüpfte in das stillgelegte Bergwerk. Einsam und verlassen standen auf den ​Schienen die Loren, die früher das Gestein voller Goldstaub befördert hatten. Eine Feldmaus sprang auf den Rand einer Lore und sah Polepole an. 




Das Gold war erschöpft, so hieß es. Alle Goldgräber saßen auf der Straße. Auch Polepoles Vater. Das ganze Dorf war langsam am Verhungern.
Polepole kletterte in eine der rostigen Loren, hielt den Vorderrand wie eine Lenkstange fest und stellte sich vor, er rollte damit in die Stollen. »Vielleicht haben sie nicht tief genug gegraben«, sagte er sich. »Wenn ich ganz tief reinfahren und eine neue Goldader entdecken könnte, hätten alle wieder Arbeit und was zu essen.«
»Nicht dumm, mein Junge«, ertönte eine Stimme aus dem Dunkel. Erschrocken blickte er sich um. Im Halbdunkel stand ein uralter Mann, dessen schwarzes Gesicht von weißem Kraushaar und Bart umrahmt war.
Polepole fasste sich ein Herz. »Wer bist du?«, fragte er.
»Fundi la Neno, der Meister des Wortes. Wenn du nach Schätzen suchst, dann bist du hier richtig.«
»Alle sagen, es gäbe kein Gold mehr in der Mine«, warf Polepole ein. »Kennst du vielleicht noch eine versteckte Ader?«
»Ich rede nicht von Erz und Gold«, sagte der Alte. »Ich rede von einem viel größeren Schatz: vom Spiegelsee.«
»Spiegelsee?« Polepole schaute den Alten mit großen Augen an. Davon hatte er noch nie gehört.
»Er liegt im Inneren Urwald, an der tiefsten Stelle, ganz verborgen. Die meisten Menschen wissen nichts davon. Aber der Spiegelsee birgt ein großes Geheimnis: Wenn der Wasserspiegel ganz still ist, spiegeln sich darin deine Wünsche. Und jeder Wunsch, den du im Wasser siehst, geht in Erfüllung.« 




»Au ja!« Diesen See wollte Polepole unbedingt finden. »Und wie komme ich dort hin?«
»Durch den Inneren Urwald«, sagte Fundi la Neno. »Auf dem Weg begegnet dir manches, was dir den Weg versperrt. Aber wenn du dein Ziel im Auge behältst, wirst du es schaffen. Komm mit.«
Polepole kletterte aus der rostigen Lore und folgte Fundi la Neno tiefer in den Stollen hinein. Der Stollen war dunkel, aber warm. Als die Schienen bergab gingen, blieb Fundi la Neno stehen und wartete, bis Polepole neben ihm stand. »Ich gebe dir jetzt ein Zauberwort, das dir hilft, den Weg zu finden. Kannst du ein Geheimnis bewahren?«
Polepole nickte.
Da flüsterte ihm Fundi la Neno ein seltsames Wort ins Ohr. »So heißt deine Nenolore«, sagte er. »Wenn du ihren Namen wiederholst, erscheint sie unter dir und fährt dich zum Spiegelsee.«
Polepole sah nirgends eine Lore. Als er aber das Wort wieder-holte, fand er sich plötzlich in einer Lore sitzen, die aus purem Gold zu sein schien. Und sie bewegte sich ... Er hatte das Gefühl, abwärts zu rollen ...
»Wenn du merkst, dass du die Lore verloren hast«, sagte Fundi la Neno, »denke einfach wieder ihren Namen.«
Polepole dachte den Namen, und die Lore rollte und rollte, immer steiler bergab, immer schneller und schneller, durch einen endlos langen Tunnel. Polepole wurde mulmig zumute, er dachte schon, der Tunnel höre nie auf. Endlich gewahrte er weit vor sich ein schwa-ches, gelbliches Licht, das langsam heller wurde, je näher er kam, bis der Tunnel in einen warmen, dampfenden Urwald mündete.
Bunte Vögel saßen auf den Bäumen, tschiepten und tschepten. Zwischen großen Blättern und baumhohem Farnen standen Bananenstauden und Palmen. Die Lore rollte mit Schwung in ein Tal und wieder bergauf.
 
Plötzlich flog etwas haarscharf an seinem Kopf vorbei. Er konnte sich gerade noch ducken. Die Lore fuhr langsamer, kam ins Stocken. Links und rechts raschelte es im Gebüsch. Anscheinend hatte er heimliche Begleiter. Da – flutsch! Ein zweites Geschoss flog knapp an ihm vorbei.
Aus schwankenden Palmenwedeln erklang ein keuchendes Gelächter. Das hörte sich an wie Affen.
Er hob den Kopf und spähte in die Palmenwipfel. Sofort verstummte das Lachen. Auch das Rascheln der Blätter hörte auf. Nur die schwankenden Wedel verrieten, dass hier gerade jemand durch die Palmen gesprungen war.
Mit einem Ruck kam die Lore zum Stehen. Eine kräftige, behaarte Hand umklammerte den Vorderrand der Lore und eine heisere Stimme rief: »Hände hoch!«
  Polepole schreckte zusammen.


 

Dienstag, 4. September 2012

Wenn schwarze Schweine träumen von Wilhelm Ruprecht Frieling



 
Alle Lebewesen müssen sterben. Das scheint unabänderlich. Aber was geschah mit Onkel Sancho, den die Bauern neulich abholten?

Eine Erzählung für Kinder über die für Mallorca typischen schwarzen Schweine, erhältlich bei Amazon.




 
 Sackweise prasseln knackfrische Steineicheln in den Trog. Dunkelbraun hüpfen sie mit ihren lustigen grasgrünen Hütchen in die Futterkrippe und verströmen erdigen Duft. Der herbe Geruch und das Konzert der in den Trog fließenden Früchte weckt eine Familie schwarzer Schweine, die in einer schattigen Ecke des ausladenden Gatters vor sich hin dösen.

Laut quiekend springen die Tiere auf und traben in Richtung des lockenden Duftes.
»Steineicheln, es gibt Steineicheln«, schnaubt das massige Familienoberhaupt und entwickelt ein Tempo, das ihm bei seiner Leibesfülle, einem Schwergewicht von mehr als hundert Kilo und den Stummelbeinen kaum zuzutrauen ist. In seinem Windschatten galoppieren seine Frau und fünf Minischweine. Alle Tiere sind pechschwarz. Bis auf eine kleine Ausnahme.

Pedro, das Älteste der fünf Ferkel, sieht ein klein wenig anders aus. Er trägt leuchtend weiße Flecken hinter beiden Ohren: ein schwarzes Schwein mit weißen Flecken! Pedro schämt sich deswegen und glaubt, er sei weniger wert als seine vier makellos rabenschwarzen Geschwister, zumal sie ihn einen Träumer nennen. Aber er ist genauso groß und hungrig wie die anderen. Und jetzt schmeckt er bereits seine Lieblingsspeise. Steineicheln! Gibt es Köstlicheres für einen hungrigen Schweinemagen? Das Wasser läuft ihm im Maul zusammen. Am Ziel stürzt er sich
auf die lockenden Früchte und taucht seinen Rüssel in die tiefe Schüssel. Hhhhm, wie das schmeckt!

Am Rand des Gatters, gleich in der Nähe des Futtertroges, laufen aufgeregt sieben oder acht Kinder zusammen. Sie besichtigen seit Stunden den Hof und sind schon mehrfach beim Schweinegatter gewesen. »Schau mal, die Schweine flippen plötzlich völlig aus!«, alarmiert ein Bursche in einem rotweißen Fußballer-T-Shirt seine kleine Schwester. Damit beide besser sehen können, klettern sie auf eine Reihe verwitterter grauer Feldsteine und ziehen sich am Zaun hoch. Fasziniert betrachten sie die sich lautstark um das Futter balgenden Schweine.
 
Leserstimmen:


»Ich habe das Buch zusammen mit meiner Nichte gelesen und wir fanden die Geschichte und die Fotos wirklich schön. Sie weckte Erinnerungen an unseren Ausflug und gab uns eine leise Idee, wovon schwarze Schweinchen träumen. Eine süße Geschichte für Kinder und für Erwachsene.«

 »Super geschrieben, ich hörte die Schweine förmlich schmatzen. Herrlich, der kleine Schweinepilot, eine Art der Fortbewegung, über die man sich mal Gedanken machen müsste'
Fünf Sterne und eine absolute Empfehlung meinerseits.«

"Diese nette Kurzgeschichte bringt die Thematik Kindern (und Erwachsenen) auf eine Weise näher, die sich gut nachvollziehen lässt. Das ist wie Bauernhofferien auf Mallorca. Die Geschichte ist trotz mitunter ernster Thematik lustig, aber doch sensibel für kindliche Gefühle geschrieben und behandelt eine kontroverse Frage, nämlich, wie müssen wir mit unseren Tieren umgehen, die uns später als Nahrung dienen sollen und wie kommen Kinder damit zurecht, dass die süßen Tiere, die vor ihren Augen lebendig herumspringen, gegessen werden. Das sind wichtige Fragen, die in der Zeit von abgepacktem Supermarktfleisch viel zu selten gestellt werden und daher ist diese Geschichte sehr zu begrüßen."